Ratgeber: Röhrenverstärker

Röhrenamps auf einen Blick:

  • Warmer, weicher, druckvoller Sound, vA homogene Verzerrung
  • Ermöglicht dynamischere Spielweise
  • Individeueller Sound durch Auswahl der Röhrenkombination
  • Bauformen: Combo, Head, Vorstufe, Endstufe
  • Genres: alle ausser Akustik
  • Vorteile: Klang; vielseitig; dynamisch
  • Nachteile: teuer; spielen ihre Stärken erst auf höherer Lautstärke aus; hohes Gewicht; Wartungskosten Röhren

Sound:

Röhrenverstärker liefern, das kann man ganz objektiv sagen, den besten Klang aller Verstärkertypen. Röhren in der Vor- und Endstufe machen, dass der Klang weich, voll und rund kommt. Ausserdem erzeugen die Röhren Druck, den man richtig spürt. Sie besitzen eine Dynamik, die ihresgleichen sucht.

Verzerrung: Am bekannstesten sind Röhrenamps für ihre homogenen weichen Verzerrungen. Was bei Hifianlagen grausam klingt, ist bei Gitarrenverstärkern absolut erwünscht - zumindest im Pop / Rock- Bluesbereich.

Ampkanäle:

Kanäle eines Gitarrenverstärkers
Es gibt einkanalige und mehrkanalige (meistens 2-Kanal) Verstärker. Bei 2-kanaligen Gitarrenverstärkern kann man mittels eines (Fuss-)schalters zwischen dem cleanen und dem verzerrten Kanal umschalten. Bei einkanaligen Amps geht das nicht. Man kann zwar auch dort meistens verzerren, aber eben nicht per Fuss umschalten.

Dynamik: Röhrenamps sind aber sehr dynamisch. Sie reagieren sehr sensibel auf die Anschlagstärke. Man kann zB den Amp auf leichte Verzerrung einstellen und den Volume Regler der Gitarre zurückdrehen, um einen Cleansound zu erhalten. Wenn du dann verzerrten Sound brauchst (zB im Solo), drehst du einfach wieder rauf und voila. Somit kannst du den Zerrgrad sogar stufenlos regeln. Ein einkanaliger Amp muss also nicht immer ein Nachteil sein.

Effektpedale: Ausserdem gibt es ja noch des Gitarristen liebstes Spielzeug, die Effektpedale. Du kannst dir also auch ein Zerrpedal deines Geschmacks kaufen und es zwischen Gitarre und Verstärker schalten. Schon hast du einen zweikanaligen Amp.

Röhrenamps vertragen sich im Gegensatz zu Transistoramps sehr gut mit Effektpedalen. Es macht also nichts, wenn man Zerrpedale, die ja meistens keine Röhren haben, vor den Amp schaltet. Die Dynamik bleibt erhalten, ebenso wie der warme Sound der Röhren. Du kannst deinen Sound somit gestalten und hast trotzdem die Vorteile eines Röhrenamps.

mehr / weniger Info
Gitarrenverstärker Röhren

Röhren:

Die Auswahl der Röhren spielt eine wichtige Rolle. Diese kann man nachträglich ändern und sich so seinen idealen Klangwunsch erfüllen.
Es gibt Röhren für die Vorstufe und welche für die Endstufe. Die Endstufenröhren erzeugen, sofern der Verstärker sehr laut gedreht wird, eine eigene Art von Verzerrung, die besonders viele Obertöne hervorbringt und daher sehr harmonisch wirkt. Bei Transistorverstärkern ist diese Art der Zerrung hingegen meistens sehr kratzig.

Manche Röhren fangen früher zu zerren an, andere bleiben länger clean. Je nach Stilistik wird man also unterschiedliche Röhren wählen.

Wartungskosten Röhren: Röhren unterliegen einem gewissen Verschleiss. Je nach Röhre und Spielstunden muss man diese zwischen ca einem und drei Jahren wechseln. Eine Vorstufenröhre kostet ca zwischen 7,- und 25,- Euro, Endstufenröhren ca 15,- bis 30,- Euro. Vorstufen haben in der Regel zwei bis drei Röhren, die Endstufe oft zwei. Es gibt aber auch Amps mit mehr Röhren.

In der Regel kann man sich die Röhren selbst tauschen, da man sie nur herausziehen und wieder in den Sockel stecken muss. Trotzdem aufpassen, da Röhren Hochspannung führen, also immer den Amp vom Netz trennen und möglichst den Sockel nicht anfassen!

Worauf du achten musst: Röhrenverstärker brauchen eine gewisse Warm-Up Phase für die Röhren. Das dauert in der Regel ein paar Minuten. Die ersten paar Sekunden nach dem Einschalten hört man noch überhaupt gar nichts.
Bewege nie einen eingeschaltenen Röhrenamp! Wenn die Röhren heiss sind, können sie leicht zerspringen - sie sind ja aus Glas. Man hört das auch deutlich an Hand eines Klirrens. Auch beim Transport solltest du immer darauf achten, dass der Amp nicht rumgeschubst wird. Ein Röhrenverstärker ist bautechnish einfach sensibler als seine Transistor- oder Digiamp Verwandschaft.

Combo, Head oder Rack? Bauformen:

Ein Verstärker besteht aus drei Hauptkomponenten: Der Vorstufe, der Endufe und der Box mit den Lautsprecher(n) drin.

Röhrenverstärker Combo Mesa Boogie Combo: Ein Comboverstärker beinhaltet alle drei Komponenten. Du bekommst hier also ein Rundum-Sorglos-Paket. Ändern kannst du dann aber höchstens noch den Lautsprecher, indem du ihn tauscht und natürlich die Röhren in Vor- und Endstufe. Der Grundklang des Combos muss dir also gefallen. Der obere Teil des Verstärkers mit den lustigen Knöpfen (auch Panel genannt) beinhaltet die Vorstufe, dessen Regler sich links bis weit nach rechts befinden. Die letzten ein, zwei Regler regeln den Klang / Lautstärke der Endstufe (zB Mastervolume). Combos sind meist kompakt und klein gehalten, mit einem oder maximal zwei Speakern. Dadurch sind sie sehr transportabel.

Gitarrenverstärker Marshall Half Stack Head + Cab: Ein Head oder auch Topteil beinhaltet die Vor-und Endstufe. Du benötigst also noch unbedingt eine Lautsprecherbox (Speakerbox, Speaker Cabinet) dazu. Und nein, Kopfhörer kannst du da nicht reinstecken ;-)
Der Vorteil ist, dass du dir die Speaker und das Cabinet (die Box) nach deinem Geschmack aussuchen kannst. In der Regel sind diese Cabinets dann auch größer, als die in den Combos. Die Cabs sind dann mit einem, zwei oder vier Lautsprechern bestückt, die meist je 12 Zoll im Durchmesser haben.
Ein Topteil mit einer 4x12" Box nennt man übrigens auch "Half Stack". Mit zwei 4x12 Zoll Boxen ist es ein "Full Stack".

Es gibt geschlossene Cabs, offene und teiloffene. Kurz gesagt sind geschlossene Boxen basslastiger (neigen etwas zum wummern), während die offenen, nun ja - offener, transparenter, etwas klarer mit mehr Höhen, klingen. Du hast hier also unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten.

Gitarrenrack Alles getrennt, die Rackkomponenten: Du kannst auch Vorstufe und Endstufe noch seperat kaufen, für die ultimative Flexibilität. Allerdings ist der Transport dann schon eher grenzwertig.
Seperate Vorstufen und Endstufen sind nämlich meist in Rackform gebaut. Die haben links und rechts Winkel angesetzt, die man in ein 19" Rack schraubt (so wie bei Computerracks). In so ein Rack kannst du dann noch Effekte und dergleichen reinschrauben, die im Rackformat sind. Du hast alles schön an einem Platz (bis auf die Box), aber gewichtsmäßig werden deine Bandscheiben ziemlich sauer;-) Daher stehen solche Racksysteme eher in Studios rum, wo man Flexibilität für verschiedene Aufnahmesituationen will und nichts schleppen muss. Dazu brauchst du noch die Box mit den Speakern.

Vorteile:

Weicher, homogener Klang mit exzellenten Zerreigenschaften. Röhren reagieren besser auf verschiedene Spielweisen, wie unterschiedlich laut angeschlagene Noten. Druck der Röhren ist vA bei Rockmusik deutlich spürbar. Durch andere Röhrentypen kann man den Sound des Verstärkers verändern.

Nachteile:

Teuer: Schon für einkanalige Amps musst du realtiv tief in die Tasche greifen. So ab 400,- Euro gehts mit den kleinsten los. Nach oben kein Ende;-)
Folgekosten: Im Schnitt ca 60,-/alle 2-3 Jahre) Röhrentausch.
Gewicht: Meist schwerer als Transistoramps.

Genres:

Alle, ausser Akustik.

Fazit:

Ja, Röhrenamps sind teuer, man muss die Röhren immer wieder mal tauschen, sie sind schwer - warum zum Geier sollte man sich dann überhaupt einen Röhrenverstärker leisten? Wegen des Klangs, der Dynamik und des damit verbundenen einzigartigen Spielgefühls!

Egal wie sehr man auch versucht mit anderen Technologien den Röhrensound nachzuahmen, den Druck und die Dynamik den Röhren erzeugen kann man nicht hinkriegen. Das ist physikalisch unmöglich. Einen Röhrenamp spürt man. Wenn vom Amp keine Dynamik kommt spielt man anders. Man schlägt mal stärker, mal schwächer an und kann damit sogar den Zerrgrad steuern. Diese Dynamik gibt`s nur mit the one and only Röhrenamp. Es geht ja nicht nur darum, was die anderen hören, sondern wie sich ein Instrument oder ein Amp für sich selbst anfühlen. Wer sich`s also leisten kann - und es gibt schon gute um die 500,- Euro (siehe Kauftipps) - der gönnt sich einen Röhrenverstärker.

Kauftipps:

  • Combo, geringes Budget: Harley Benton Tube 15
    Für den Preis ein ordentlicher Amp. 12 Zoll Speaker, einkanalig. Kann bis auf 1 Watt heruntergefahren werden. Dadurch geht der Amp früher in die Endstufenzerrung, was sehr harmonisch klingt.
  • Combo, mittleres Budget: Fender Blues Junior 4
    Ausgewachsener Blues und Pop/Rock Amp. 15 Watt reichen für Bühne und Wohnzimmer. Der Amp geht relativ früh in die Zerre und klingt dann sehr weich ohne zu matschen. Der BJ ist mein Hauptamp, den ich allerdings um 100,- einige kleine Modifikationen verpasst habe und der nun wie ein großer klingt und erst später zu zerren beginnt. Größenmäßig sehr kompakt mit erwachsenem Sound! Einkanaliger, amerikanischer, warmer, weicher Puristensound für alles ausser Hardrock / Metal.
  • Combo, mittleres Budget: Vox AC 30 C2
    Wer mehr auf den britischen Sound, statt des amerikanischen Fendersounds steht ist bei Vox bestens aufgehoben. Der legendäre Vox AC30 hat mehr Biss, klingt drahtiger in den Höhen, hat dafür etwas weniger Bässe, als die Amerikaner. Dieser Amp setzt sich hervoragend in der Band durch. Der klassische Britpop, Blues und Funk Amp.
    Absolut bühnentauglich mit 30 Watt und 2x 12" Lautsprechern. 4 Inputs, Effekt Ein und Ausgang, Reverb und eine wunderbarer Tremoloeffekt sind an Board (alles analog!). Dank des Masterreglers kann man den sehr lauten 30W Amp auch auf Zimmerlautstärke betreiben.
  • Head, hohes Budget: Hughes & Kettner Grandmeister Deluxe 40
    Einer der genialsten Amps - hier in der Headversion - die ich je gehört habe. Extrem viele Features. 4-kanalig. Alle Einstellungen speicherbar und über das Schaltboard abrufbar (wenn in Aktion im Preis inbegriffen, sonst optional). Red Box D.I Ausgänge mit Speaker Simulator, damit man direkt aufnehmen kann, ohne ein Mic vor den Speaker stellen zu müssen. Integriertes Noise Gate.
    Ein Wahnsinnteil und es klingt auch noch hervorragend!
Weitere Ratgeber: Transistoramps | Modelingamps | Jazzamps | Akustikamps